Führung durch den Bannwald Göggenwäldleshalde am 28.04.2019

Bei gutem Wetter konnte Professor Stefan Ruge auf Einladung des Grünen Ortsverbands Rottenburg 32 interessierte Bürgerinnen und Bürger am Martinsberg begrüßen.
Nach einer kurzen Einführung ging’s zu Fuß durch den Stadtwald Rottenburg ins Herz des Rammerts, wo vor genau 30 Jahren der rd. 26 Hektar große Bannwald Göggenwäldleshalde ausgewiesen wurde. Schon auf dem Weg wurden viele Fragen diskutiert, vor allem die lang anhaltende Trockenheit und die Folgen für den Wald.

Am Ziel angekommen erläuterte Herr Ruge den Zweck eines Bannwaldes. Dies ist ein sich selbst überlassenes Waldreservat. Pflegemaßnahmen sind nicht erlaubt; anfallendes Holz darf nicht entnommen werden. Der Vorschlag des damaligen Forstamtsleiters Ottmar Schilling und des zuständigen Revierleiters Karl Samtner zur Ausweisung des Bannwaldes wurde vom Stadtrat Rottenburg einstimmig gebilligt; aus heutiger Sicht eine mutige und richtige Entscheidung.

Schon auf den ersten Metern wurde klar, dass sich nach und nach die Rot-Buche gegenüber der Trauben-Eiche und anderen Mischbaumarten, wie der Sand-Birke, durchsetzt, was der natürlichen mitteleuropäischen Waldentwicklung entspricht. Die Bodenvegetation war aufgrund des geschlossenen Kronendachs erstaunlich gering ausgeprägt. Vom Stubensandstein über die Bunten Mergel ging’s hinunter in den Gipskeuper im Geistgraben. Dort wurde aufgrund der Steilhänge schon Jahrzehnte vor der Ausweisung des Bannwalds kaum noch Holz genutzt, so dass dieser Teil bereits am wildesten ist und den höchsten Anteil an stehendem und liegendem Totholz aufweist. Im Vorbeigehen konnten die Besucher einige der größten Weiß-Tannen Baden-Württembergs bestaunen, die im 19. Jahrhundert eingebracht wurden und nun bis zu 54 Meter groß sind.

Auf dem Rückweg zeigte sich unter einem großen Loch im Kronendach, das durch einen Sturm gerissen wurde, viel Naturverjüngung und eine rasante Entwicklung der Vegetation, was dem mosaikartigen Zusammenbruch in mitteleuropäischen Urwäldern entspricht. Ein echter Urwald kann dieses Gebiet zwar nie werden, denn ein Urwald wurde niemals vom Menschen genutzt, aber die Entwicklung geht in Richtung urwaldähnlicher Verhältnisse. Durch die unterschiedlichen Zerfallsphasen wird Lebensraum für viele Totholz besiedelnde Tier-, Pflanzen- und Pilzarten geschaffen. Am Rande des Bannwaldes wies Herr Ruge auch auf die Bedeutung einer naturnahen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung hin, denn wir alle benötigen den nachwachsenden Rohstoff Holz und Holzprodukte, wie z.B. Möbel, Dachstühle und Papier. Dieses Nebeneinander und Miteinander von Naturschutz, Erholung und Nutzung auf denselben Flächen, mit geschützten Einzelbäumen, Habitatbaumgruppen und Waldrefugien, die nicht genutzt werden, zeichnet eine multifunktionale Waldbewirtschaftung aus, wie sie im Stadtwald Rottenburg seit Jahrzehnten vorbildlich betrieben wird (Quelle: Stefan Ruge)